textil+mode: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Verlängerung, Frau Merker! Sie und ihr Team informieren kleine und mittlere Unternehmen seit drei Jahren über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Jetzt die erneute Förderung. Sie scheinen etwas richtig zu machen.
Anja Merker: Danke, wir freuen uns sehr, dass das Bundeswirtschaftsministerium unser Kompetenzzentrum bis zum 31. Oktober 2022 verlängert hat. Seit Beginn unserer Arbeit vor drei Jahren haben mehr als 3 000 Unternehmen Unterstützung bei uns gesucht. An unseren Textil vernetzt-Standorten Aachen, Berlin, Chemnitz, Denkendorf, Stuttgart und Villingen-Schwenningen haben wir über 1 000 Veranstaltungen und Termine durchgeführt. Wir haben damit rund 5 000 Mitarbeiter des textilen und textilnahen Mittelstands erreicht.
textil+mode: Mit welchen Fragen wenden sich die Unternehmer an Sie?
Anja Merker: Ein Thema ist beispielsweise ein besseres Datenmanagement. Strukturierte und gut aufbereitete Daten werden immer wichtiger, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, effizienter zu produzieren und Kunden individueller anzusprechen. Unternehmen in der Textilbranche beschäftigt dabei ganz konkret, wie die in den Produktionslinien entstehenden Daten gebündelt zur Verfügung gestellt werden können. Oftmals liegen die Informationen zwar vor, werden aber in unterschiedlichen Systemen verwaltet. In unseren Praxisprojekten unterstützen wir Unternehmen individuell beim Finden der passenden digitalen Lösung. In den gemeinsamen Projekten werden z. B. neue digitale Verfahren getestet oder Demonstratoren gebaut, von denen sich andere KMU für ihre eigenen Digitalisierungsprojekteetwas abschauen können.
textil+mode: Der digitale Wandel ist also in der Textilindustrie angekommen. Wie ermöglichen Sie diese passgenauen Lösungen für die kleinen Betriebe in ganz Deutschland?
Anja Merker: Das funktioniert im engen Zusammenspiel mit unseren über das ganze Bundesgebiet verteilten Partner Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung, Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University, Hahn-Schickard und Sächsisches Textilforschungsinstitut. Jedes Institut hat sein Schwerpunktthema, etwa durchgängiges digitales Engineering, Arbeit 4.0, smarte Sensortechnik und vernetzte Produktion. Und wenn unsere Experten keine Lösung parat haben sollten, finden sich im Netzwerk von Mittelstand-Digital mit seinen 26 Kompetenzzentren garantiert eine Antwort und passende, kostenfreie Angebote.
textil+mode: Im Zusammenhang mit Digitalisierung wird Künstliche Intelligenz heiß diskutiert. Ist das auch ein Thema für die nächsten zwei Jahre?
Anja Merker: Unbedingt. Dafür stehen den Unternehmern schon jetzt KI-Trainer zur Verfügung, die in Workshops Möglichkeiten für KI-basierte Anwendungen im Unternehmen ausloten. Künstliche Intelligenz kann etwa dafür eingesetzt werden, Ausfallprognosen von Maschinen vorherzusagen, Lagerbestände zu erfassen und autonome Transportsysteme zu entwickeln. In der Verlängerung werden wir die Unternehmen aber auch bei weiteren Themen, z. B. 5G und Blockchain unterstützen.
textil+mode: Was erwartet die Unternehmen hier für ein Angebot?
Anja Merker: Unternehmen werden in Zukunft noch stärker auf Nachhaltigkeit setzen, wenn sie am Markt bestehen wollen. Blockchain hilft hier beispielsweise dabei, Lieferketten transparent zu gestalten, nachhaltig gewonnene Ausgangsstoffe nachzuweisen oder digitale Zertifikate fälschungssicher zu machen. Dazu informieren wir und unterstützen bei der Einführung. Weitere Schwerpunkte haben wir uns in der Umsetzung individualisierter und smarter Produkte und im Bereich der Materialinnovationen gesetzt. Unsere Forschungspartner haben die Innovationen. Wir setzen sie in hoffentlich zahlreichen neuen Projekten in den Unternehmen um.
textil+mode: Frau Merker, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Weitere Informationen zum Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Textil vernetzt unter: www.textil-vernetzt.de
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