Auslandsmessen: Bund kürzt Mittel

Nach zwei Jahren Corona-bedingtem Messestillstand hat die Bundesregierung zum Jahresende die Außenwirtschaftsförderung für deutsche Unternehmen erheblich gekürzt. textil+mode sprach mit Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Messewirtschaft (AUMA). Der Verband vertritt Aussteller wie Messedienstleister.

14.12.2022

textil+mode: Herr Holtmeier, der Bund hat die Förderung mittelständischer Unternehmen für die Teilnahme an Auslandsmessen eingedampft. Um welche Förderprogramme und Größenordnungen geht es dabei konkret?

Jörn Holtmeier: Erstmalig sind die Mittel für das Auslandsmesseprogramm AMP 2023 signifikant um 20 Prozent gekürzt worden im Vergleich zu den Vorjahren. In Zahlen heißt das, von derzeit rund 45 Millionen Euro werden nun nur noch etwa 36 Millionen Euro in den Mittelstand investiert. Und das in einer Zeit, in der Kanzler und Wirtschaftsminister deutsche Unternehmen auffordern, sich neue Märkte zu suchen. Diese Widersprüchlichkeit versteht niemand.

Gekürzt wird bei der Exportinitiative Energie, der Außenwirtschaftsförderung Afrika, dem Markterschließungsprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen und auch bei der Exportinitiative Umwelttechnologien.

textil+mode: Wie bewerten Sie die Kürzungen?

Jörn Holtmeier: Das AMP existiert seit fast 75 Jahren. Bisher wurde es immer fraktionsübergreifend von Regierung und Opposition getragen. Die Kürzung ist nun alles andere als ein Geburtstagsgeschenk für den deutschen Mittelstand. Hinzu kommt: Jeder investierte Steuer-Euro zieht einen Exportumsatz von 216 Euro nach sich. Also jeder aus dem AMP investierte Euro generiert 216 Euro Exportumsatz und damit verbundene Steuereinnahmen sowie die Sicherung von Produktion und Beschäftigung in Deutschland. Dies hat das BMWK selbst durch einen Wirtschaftsprüfer auditieren lassen. Wohl kaum ein Bundesförderprogramm weist einen solchen effizienten Mitteleinsatz auf. Ich frage mich, wo ist hier der Sachverstand?

textil+mode: Gab es angesichts der Größenordnung der Einschnitte zumindest eine Vorwarnung an Sie? Mit welcher Begründung wurden die Mittel denn gekürzt?

Jörn Holtmeier: Diese Kürzungen kamen unerwartet und ohne Vorwarnung. Unsere Gespräche im Vorfeld haben darauf keinen Hinweis gegeben. Selbst im Haushalts- und in den Fachreferaten des BMWK war man wohl von diesen Kürzungen überrascht.

textil+mode: Welche Konsequenzen haben die Mittelkürzungen für die mittelständischen Branchen, konkret für die Textil- und Modeindustrie?

Jörn Holtmeier: Für 2023 waren mit einem Budget von rund 44 Millionen Euro eigentlich knapp 300 Messeauftritte in 58 Ländern geplant, t+m allein beantragt jährlich bis zu 20 Messen. Das steht nun so in Frage. Wir im AUMA sind zum Gespräch bereit, machen Druck und erklären die Notwendigkeit, wo es nur geht. Doch die Politik ist jetzt zum Handeln aufgerufen. Diese Fehlentscheidung muss korrigiert werden.

textil+mode: Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Jörn Holtmeier: Wir sind bereits auf die wirtschaftspolitischen Sprecher der Ampel-Koalition zugegangen, um zu verdeutlichen, dass diese Kürzungen im klaren Widerspruch zu den stets öffentlich formulierten Zielen der Bundesregierung stehen, die von deutschen Unternehmen erwartet, sich in neue Märkte und Regionen zu orientieren. Ich hoffe sehr, dass sich angesichts der Kürzungen niemand auf den geringeren Bedarf in den vergangenen beiden Jahren beruft, in denen die Corona-Pandemie das Messeleben zum Erliegen gebracht hat und ein Großteil der Messen in Deutschland und weltweit nicht stattfinden konnte. Wir alle zusammen müssen nun Druck machen. Ich bin dankbar, wenn auch der t+m und seine Mitglieder den Druck erhöhen.

textil+mode: Herr Holtmeier, vielen Dank für das Gespräch.