Faktencheck: Wasserverbrauch

Baumwolle ist eine genügsame Nutzpflanze und benötigt weniger Wasser als Mais oder Weizen. Der Wasserverbrauch bei der Herstellung ist daher moderat. Zudem wird mehr als die Hälfte der Baumwolle ganz ohne künstliche Bewässerung angebaut, weil die Regenmengen in den Anbauländern ausreichen.

 

Manche Zahlen halten sich hartnäckig, wenn sie einmal in der Welt sind. Das gilt auch für die Baumwolle. Seit vielen Jahren heißt es, dass für die Herstellung eines Kilogramms Baumwolle 20.000 Liter Wasser benötigt werden – so viel wie 100 Badewannen fassen. Neuere Berechnungen des internationalen Baumwollsekretariats ICAC in Washington aber zeigen, dass für die Produktion von einem Kilogramm entkörnter Baumwolle weltweit durchschnittlich nur etwa 1.200 Liter Wasser benötigt werden. Überhaupt verbraucht der Anbau von Baumwolle deutlich weniger Wasser als der anderer Nutzpflanzen. Für die Produktion von einem Kilogramm (ungeschältem) Reis, den wir heute auch in Europa durchaus in großen Mengen essen, werden etwa 2.300 Liter Wasser benötigt. Und ein Kilogramm Weizen liegt im weltweiten Schnitt bei immerhin noch rund 1.400 Litern Wasserverbrauch. Im Vergleich erweist sich die Baumwolle also als ausgesprochen genügsam. Hinzu kommt, dass 55 Prozent der weltweit produzierten Baumwolle ganz ohne künstliche Bewässerung hergestellt werden, weil es in den Anbauländern ausreichend regnet. Das Problem des Wassermangels durch Bewässerung tritt hier also gar nicht erst auf.

Die Bremer Baumwollbörse geht davon aus, dass die Landwirtschaft insgesamt für etwa 70 Prozent des globalen Wasserverbrauchs verantwortlich ist. Baumwolle habe lediglich einen Anteil von drei Prozent an der weltweiten Landwirtschaft, was auch ungefähr der von ihr benötigten Fläche entspricht. Baumwolle ist eine außergewöhnlich trockenheitsresistente Pflanze. Sie wird insbesondere in trockenen Gegenden gezüchtet, da sie auch dort Erträge bringt, wo andere Nutzpflanzen nicht mehr wachsen.

Bremer Baumwollbörse » Baumwolle und Wasser (baumwollboerse.de)

"Baumwolle benötigt viel Wasser." - Richtig oder falsch? Die Antwort gibt es im Video (YouTube).

Baumwolle wird heute in rund 80 Ländern angebaut – in Afrika, Asien, Australien oder auch den USA – in Regionen, die sich klimatisch durchaus voneinander unterscheiden. Und damit ist auch der Wasserverbrauch von Land zu Land ganz unterschiedlich, sodass Durchschnittswerte ohnehin wenig sinnvoll sind. Mit entsprechender Bewässerungstechnik lässt sich der Wasserverbrauch zudem entscheidend reduzieren: Israel baut Baumwolle im Bereich der Negev-Wüste an, einem extrem trockenen Standort. Dennoch ist der Wasserverbrauch dort vergleichsweise gering, weil die Pflanzen über Tröpfchenbewässerung versorgt werden. Zudem nutzt man dort Brauchwasser, um die wertvollen Trinkwasser-Reserven des Landes zu schonen.

Dass ausgerechnet die Baumwollproduktion in Sachen Wasserverbrauch aktuell im Fokus der Kritik steht, ist also ungerechtfertigt. Letztlich wurde dieses Image stark durch die Situation um den ausgetrockneten Aralsee geprägt, der heute in Kasachstan und Usbekistan liegt. Mitte des vergangenen Jahrhunderts entschied die damalige Sowjet-Regierung, in der Region um den Aralsee im großen Stil Baumwolle anzupflanzen. Deshalb leitete man für die Bewässerung die beiden Zuflüsse des Aralsees über große Kanäle um. Die Folge: Der Aralsee trocknete innerhalb eines halben Jahrhunderts bis auf einen kleinen Restsee aus. Hier hat eine falsche, politisch motivierte Entscheidung des Sowjet-Regimes zu einer wirklichen Naturkatastrophe geführt. Mit einer produktiven und wirtschaftlichen Landwirtschaft, wie sie sonst in der Baumwollindustrie üblich ist, hat das nichts gemein.

Viele der am weitesten verbreiteten "Fakten" über Baumwolle sind also gar keine Fakten oder höchst irreführend. In ihrer Studie „cotton: a case study in misinformation“ beschäftigt sich die Transformers Foundation mit der Frage, warum es so viele Fehlinformationen rund um die Baumwolle gibt. Die Foundation mit Sitz in New York vertritt die Denim-Lieferkette: von den Landwirten bis zu den Jeansfabriken und -betrieben. Partner sind u. a. Cradle-to-cradle, DENIM Amsterdam Fashion Institute, Better Buying, Roadmap to zero, ELLE Education. Nach dem Bericht der Transformer Foundation ist Baumwolle ein ideales Beispiel für Fehlinformationen: Die einfache weiße Faser, die seit Tausenden von Jahren angebaut wird und in einem Großteil der Kleidung und Textilien der Welt zu finden ist, habe sich zu einem ökologischen Feindbild entwickelt, was aber keinesfalls faktenbasiert, sondern interessensgetrieben sei. Deshalb empfiehlt der Bericht der Transformer Foundation: Quellen kontrollieren, Technikentwicklungen einbeziehen, keine Daten verwenden, die älter als fünf Jahre sind, und keine Durchschnittszahlen verwenden. Es gebe weltweit erstaunliche Unterschiede in der Art und Weise, wie Baumwolle angebaut wird und wie viel Wasser die Landwirte verbrauchen und wie und ob sie diese Betriebsmittel effizient nutzen. Auch Klima, Niederschlag und Bewässerungstechnik variierten stark von einem Land zum anderen und oft auch von Region zu Region, sogar von Feld zu Feld.