Brückenstrompreis für den Mittelstand

von Ingeborg Neumann, Präsidentin Gesamtverband textil+mode

31.05.2023

Schon heute kostet Strom für deutsche Unternehmen mindestens drei Mal mehr als in den USA oder anderen Ländern, mit denen wir im unmittelbaren Wettbewerb stehen. Dies ist ein massiver Standortnachteil, dem wir nicht standhalten können, bis es ausreichend grüne Energie zu bezahlbaren Preisen in Deutschland gibt. Deshalb ist es gut und richtig, dass der Wirtschaftsminister jetzt die Debatte um einen Brückenstrompreis angestoßen hat.

Die mittelständische Industrie schafft in Deutschland Arbeit, Wertschöpfung und sorgt für funktionierende Lieferketten. Mit einer Wertschöpfungsquote von über 20 Prozent bildet die Industrie den eigentlichen Kern der deutschen Wirtschaft.

Ein deutscher Brückenstrompreis muss ein international wettbewerbsfähiges Strompreisniveau garantieren. Wir benötigen eine schnelle, unbürokratische und mittelstandskompatible Umsetzung, die die Planungssicherheit für die Unternehmen bei den Energiekosten für einen längeren Zeitraum gewährleistet. Die Brücke muss so lange tragen, bis wir ausreichend grüne Energie zu bezahlbaren Preisen auf dem Markt haben.

Wir können alle Kritiker nur dazu aufrufen, ihren Widerstand gegen einen Brückenstrompreis jetzt aufzugeben und in eine konstruktive Diskussion einzutreten. Es gibt aktuell keine andere Wahl, wenn Deutschland seine energieintensive mittelständische Industrie nicht binnen kürzester Zeit verlieren will. Ohne Industrie keine Wertschöpfung und keine Innovationen für die Energiewende in unserem Land. Die deutsche Industrie will ihren Beitrag dazu leisten, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Das kann sie aber nicht, wenn industrielle Wertschöpfung in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Es wird Zeit, dass die öffentliche Debatte laut, kontrovers und zielorientiert geführt wird.  

Es braucht eine deutliche Erweiterung des Angebots von bezahlbarem grünen Strom

Alle Debatten über Übergangslösungen zeigen: Es ist jetzt endlich an der Zeit, dass die Bundesregierung einen verlässlichen Plan vorlegt, wann, wie und in welchen Schritten wir ausreichend Strom aus grünen Energiequellen zu wettbewerbsfähigen Preisen auf dem Markt haben werden. Absichtserklärungen helfen hier nicht mehr weiter, sondern nur ein klarer Businessplan mit klaren Zielen. Hier muss die Bundesregierung endlich liefern, damit uns der Ein- und Umstieg in ein klimaneutrales Wirtschaften gelingt.

Ingeborg Neumann, Präsidentin Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, für das Bündnis Faire Energiewende (BfE, www.faire-energiewende.de). Das BfE steht für rund 10.000 Unternehmen des industriellen Mittelstands mit ca. einer Million Beschäftigten.

 

Der Beitrag von Ingeborg Neumann zur Debatte um einen Industriestrompreis wurde von der dpa aufgenommen. Mehr dazu lesen Sie hier.