Alle relevanten Stakeholder aus den Lieferketten zusammenbringen

Interview mit Lukas Pünder, Co-Gründer von retraced

08.04.2022

Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie begleitet mit der t+m CSR Consulting GmbH Unternehmen dabei, ihre Sorgfaltspflichten in der gesamten Lieferkette zu verankern und wirtschaftlich tragbare und zukunftsfähige Strukturen entlang der Wertschöpfungskette auf- und auszubauen. Seit März kann die Beratungsagentur zusätzlich auf das technische Angebot des Start-ups retraced zurückgreifen. Wir haben mit Co-Gründer Lukas Pünder über das Geschäftsmodell und die Vorteile für die Unternehmen gesprochen.

Bild: © retraced GmbH

 

textil+mode: Mehr Einblick in Lieferketten ist etwas, an dem Marken, Verbraucher und Branchen immer mehr interessiert sind. Wie seid Ihr auf kam es zu dieser Geschäftsidee?

Lukas Pünder: Vor sechs Jahren haben mein Mitgründer Philipp Mayer und ich unsere eigene nachhaltige Schuhmarke CANO gegründet. Wir wollten auf ehrliche und transparente Weise die Reise unserer Produkte mit unseren Kunden teilen. Dabei wurde uns klar, wie zeit- und ressourcenaufwendig es ist, wahre Transparenz in die Lieferketten und vor allem über den direkten Lieferanten hinaus zu erhalten. Uns war es fast unmöglich, da die Lieferanten technisch nicht miteinander verbunden waren und dies den Datenaustausch extrem manuell machte. Aus diesem Grund haben wir uns dann ausführlich mit dem Thema Transparenz und dem Datenaustausch zwischen den einzelnen Lieferkettenpartnern auseinandergesetzt. Zunächst taten wir dies ausschließlich für CANO, aber dann wurde uns bewusst, dass wir es mit einem grundsätzlichen Problem in der Modeindustrie zu tun haben und entschieden uns dazu, die technische Lösung und die Konzepte aus CANO in eine eigene neue Firma auszugliedern. So entstand retraced.

Was ist das Besondere an Eurer technischen Lösung und für wen ist sie besonders geeignet?

Wir sehen uns als eine Plattform, die Marken und Lieferanten auf Augenhöhe zusammenbringt, um gemeinschaftlich mehr Nachhaltigkeit in die Lieferketten zu bringen. Somit ist unsere Lösung nicht nur aus Sicht der Marken, sondern auch aus der der Lieferanten entwickelt, um auch diesen das Leben erleichtern zu können. Aus diesem Grund arbeiten auch Lieferanten gerne auf unserer Plattform. Da sie die Inhaber der Daten sind und alle essenziellen Informationen zu den Lieferketten haben, ist ihre Mitarbeit der wichtigste Bestandteil für Transparenz.

Eure Vision sind transparente Lieferketten, bessere Arbeitsbedingungen und nachhaltigere Herstellungspraktiken in allen Branchen zu fördern. Welche Schritte sind auf dem Weg dorthin zu gehen?

Um Transparenz und Nachhaltigkeit voranzubringen, müssen wir alle relevanten Stakeholder aus den Lieferketten zusammenbringen. Das sind natürlich vordergründig Marken und Lieferanten, die direkt an der Wertschöpfung partizipieren, aber auch Auditoren, Nachhaltigkeitsberatungen, Zertifizierungen oder Sourcing Agenturen. Hierfür wollen wir die perfekte Plattform schaffen, damit dort alle gemeinsam auf das Ziel nachhaltiger und transparenter Lieferketten zuarbeiten können.

Mittelstand und Start-ups – passt das zusammen oder gibt es hier z. B. Hürden in der Kommunikation zu überwinden?

Mit Mittelstand und Start-up treffen natürlich zwei sehr unterschiedliche Welten aufeinander. Allerdings ist genau das das Schöne daran, weil wir in der Praxis klar sehen, wie wir voneinander lernen und profitieren können. Die größten Unterschiede liegen in der Art des Arbeitens und die Art und Weise, wie Themen und Herausforderungen angegangen werden. Start-ups arbeiten schnell und effektiv, aber auch manchmal etwas zu schnell. Mittelstandsunternehmen treffen ihre Entscheidungen langsamer, aber dann dadurch auch bedachter und mit vollem Selbstvertrauen. Somit trifft der Wunsch nach Veränderung auf Stabilität. Das ist eine spannende Mischung, die sehr viel Mehrwert bringen kann, wenn sich beide Seiten aufeinander einlassen.

Wie geht es für Euch weiter?

Wir stehen gerade am Anfang einer spannenden Wachstumsphase. Durch den steigenden Druck vonseiten der Gesetzgebung sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern findet aktuell ein großer Umbruch in den Lieferketten der Modeindustrie statt und wir wollen diese Veränderung mit unterstützen, beschleunigen und beeinflussen. Diese Veränderung findet global sowohl auf Marken- als auch auf Lieferantenseite statt. Wir wollen als Plattform beiden Seiten helfen, um kollaborativ Lieferketten nachhaltiger zu gestalten. Und als dieser “Connector” wollen wir wachsen. Deshalb sind wir dabei, unser Team stark zu vergrößern, um den steigenden Anforderungen gerecht werden zu können und unseren Kunden den bestmöglichen Service bieten zu können.

Herr Pünder vielen Dank für das Gespräch.