Wir können Green Deal Textil!

Gesamtverband textil+mode und die Textilforschung präsentieren textile Innovationen auf der Woche der Umwelt des Bundespräsidenten

17.05.2021

Berlin: Bundespräsident Steinmeier kennt die nachhaltig hergestellten Abendkleider schon vom letzten Bundespresseball. Jetzt stellen Studierende der Hochschule Niederrhein ihre Kleider bei der digitalen Woche der Umwelt des Bundespräsidenten aus und zeigen, wie selbst aus Pflanzenabfällen edle Stoffe werden.

Vom 10. bis 11. Juni zeigt der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie in Kooperation mit Textilforschungsinstituten innovative textile Anwendungen, die Umwelt und Ressourcen schonen und beim Bauen, im Auto und auch bei Bekleidung die Lösung für mehr Umwelt- und Klimaschutz sind.

Johannes Diebel, Forschungsleiter beim Forschungskuratorium Textil, FKT: „Textil ist der Werkstoff, aus dem die Zukunft ist. Wir zeigen bei der virtuellen Woche der Umwelt beispielsweise, wie wir mit textilen Fasern zum Goldgräber werden. So lassen sich Edelmetalle selbst in geringster Konzentration aus Wasser in der Industrieproduktion filtern. Was aufgefangen wird, geht zurück in den Materialkreislauf. Das ist Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft in einem. Wir können Green Deal Textil. Wir haben die Technik und das Wissen in Deutschland.“

17 textile Forschungsinstitute und eine hoch innovative mittelständische Textilindustrie zeigen jeden Tag aufs Neue, wie vielfältig textile Fasern sind, wenn es um Umwelt- und Klimaschutz geht: Beispielsweise textile Fassaden, die mithelfen Gebäude zu heizen oder zu kühlen oder aus schlechter Luft wieder saubere Luft machen.

Folgende Forschungsinstitute präsentieren ihre Lösungen zum Umweltschutz bei der Woche der Umwelt: das DTNW Deutsches Textilforschungszentrum Nord-West, das ITA Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University, das TITK Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung, die DITF Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf, das STFI Sächsisches Textilforschungsinstitut sowie das Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung an der Hochschule Niederrhein.

Informationen zu den Projekten finden Sie auf der Webseite der Woche der Umwelt und in unserem Teaservideo

Die Exponate auf dem Gemeinschaftsstand im Überblick

Exponat der Hochschule Niederrhein zur Woche der Umwelt: waste to value

Designerin: Melissa Grustat, Hochschule Niederrhein Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung: Waste to value

 

Der Jumpsuit überzeugt durch die Idee der Müllvermeidung mittels einer Innovation: Der Rückeneinsatz besteht aus thermisch modifizierter Polyethylen-Schaumfolie, die wir als weiche Verpackungsfolie kennen und in großen Mengen als Müll anfällt: Nachhaltiger ist ihr neues zweites Leben als „Spitzen“-Einsatz. Durch Hitze- und Druckbehandlung verfestigt sich die Folie und wird vernäh- und waschbar. Das flächenumgrenzte Nichts eignet sich auch für andere Anwendungen wie Schmuck und Heimtextilien, z. B. als Sichtschutz.

 

Kleid aus mit Meeresalgen angereicherter Faser

Designerin: Louisa Raschke, Hochschule Niederrhein Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung: Von der Alge zum Ball

 

Das Ballkleid überzeugt durch Einsatz ressourcenschonender Materialien: Die Korsage besteht aus SeaCell™, einer Zellulosefaser mit 4 % Meeresalgen der Smartfiber AG/Rudolstadt, die für ihr patentiertes Verfahren von der EU in der Kategorie «Nachhaltige Technologien» ausgezeichnet wurde. Die Bio-Ahimsa-Seide des Rocks stammt aus einer fungizid- und insektizidfreien traditionellen indischen Raupenzucht und Seidengewinnung. Nachdem sich die Raupen eingesponnen haben, schlüpft der Falter nach 2 - 4 Wochen aus dem Kokon, zerstört dabei den Kokon und lebt weiter.

 

Unterschiedliche Stufen der Pd-Rückgewinnung - DTNW

DTNW Deutsches Textilforschungszentrum Nord-West: Rückgewinnung von Wertmetallen aus Abwässern

Das DTNW hat Adsorbertextilien für die Rückgewinnung von Edelmetallen aus industriellen Prozesswässern entwickelt. Durch diese Form des Urban Mining leistet das inzwischen marktreife Verfahren einen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und zum Umweltschutz. Aktuell wurde das Konzept ausgeweitet. So werden die Adsorbertextilien derzeit bei der Bindung von Ammoniakemissionen in der Schweinemast getestet. Damit trägt das Textil auch zum Tier- und Arbeitsschutz bei und hilft bei der Reduktion von Feinstaub. Ganz nebenbei kann der gebundene Ammoniak als Dünger verwertet werden. Neben Wertmetallen und Ammoniak arbeitet das DTNW auch an der Bindung von perfluorierten Tensiden und sogenannten Mikroschadstoffen, die ein großes Problem für die kommunale Trinkwasseraufbereitung darstellen.

Exponat zur Woche der Umwelt von DITF: Biopolymer

DITF Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf: Purcell als nachhaltiger Verbundwerkstoff aus Cellulose

 

PURCELL - ein Einkomponenten-Verbundkörper auf Basis reiner Cellulose - besteht aus bioabbaubaren, nachwachsenden Rohstoffen. PURCELL ermöglicht ein Wiederverwertungskonzept unter ökologischen Gesichtspunkten bei geringer Umwelt- und CO2-Belastung.

Die Herstellung erfolgt über ein Nasswickel- bzw. Laminierverfahren mittels einer neuartigen Technologie auf Basis ionischer Flüssigkeiten. Zum Einsatz kommen Celluloseverstärkungsfasern und eine cellulosische Matrixlösung.

Aufgrund der gleichen Ausgangsmaterialien für Fasern und Matrix wird im PURCELL eine perfekte Faser-Matrix-Haftung erreicht. Die mechanischen Eigenschaften von PURCELL sind hervorragend, sodass PURCELL als ein potenzielles Ersatzmaterial für glasfaserverstärkte Verbundkörper vermarktet werden kann.

Als mögliche Anwendungsfelder kommen die Automobil- und Bauindustrie sowie die Bereiche Sport/Freizeit/Lifestyle infrage.

 

Luftreinigende Textilfassade - ITA

ITA Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University: Luftreinigende Textilfassade

Seit 2016 entwickelt der Architekt Jan Serode mit Studierenden der RWTH Aachen University innovative Textilfassaden für nachhaltige Gebäudehüllen. Die luftreinigende Textilfassade ist eine Entwicklung, die Energieeffizienz, Umwelt- und Gesundheitsschutz spielerisch mit einem modernen Design verbindet.

Der textile Luftfilter reinigt kontaminierte Stadtluft, ohne elektrische Energie zu verbrauchen. Im Februar 2020 startete der Testbetrieb der ersten Realfassade in Hamburg.

Textilfassaden reduzieren solare Kühllasten bis zu 78 % und leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Die neuen Materialien sind zu 100 % recyclebar. Neuentwicklungen sehen den Einsatz von recycelten Kunststoffflaschen und die Integration von Solarzellen vor.

 

naturfaserbasierte Textilhalbzeuge in Leichtbauprodukten - STFI

STFI Sächsisches Textilforschungsinstitut: Naturfaserbasierte Textilhalbzeuge in Leichtbauprodukten

Es wurde eine industrietaugliche Prozesskette zum Einsatz von Hanfbastrinde als Bewehrungsmaterial in textilen Leichtbauprodukten entwickelt. Die nach einem neuen Gewinnungsverfahren erzeugte Hanfbastrinde bringt ihr naturgegebenes Leistungspotential in hochwertige Faserverbunde ein. Anwendungen können Innenraumverkleidung im Flugzeug oder Auto sein. Parallel wurden biobasierte Epoxidharze entwickelt. Im Ergebnis liegt ein Produkt vor, welches vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.

 

metallfreie Heizfolie TITK

TITK Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung: Intelligente metallfreie Heizfolien

In den Autos der Zukunft fehlt die Abwärme des Motors, so dass elektrische Heizungen notwendig werden. Um die Batterie zu schonen und die Reichweite nicht einzuschränken, braucht es besonders energieeffiziente Lösungen. Das TITK Rudolstadt entwickelte ein metallfreies, thermoplastisches Material, das mit geringem Energieeinsatz heizt und seinen eigenen Überhitzungsschutz mitbringt. Es nutzt den sogenannten PTC-Effekt und ermöglicht etwa die Produktion selbstregulierender Heizfolien. Verteilen bislang Gebläse die geheizte Luft im Auto, so wärmen künftig nicht nur die Sitze, sondern auch Türverkleidung, Fußmatten oder Armauflagen direkt. Das patentierte Material aus dem TITK lässt sich flexibel in vielen Formen verwenden, was auch Produktneuheiten in anderen Branchen ermöglicht. Es könnte Rollstühle und Sessellifte beheizen, Speisen und Getränke warmhalten oder Gewächshäuser temperieren.