Vordenken in Richtung Mond

2019 verlängerten zwei junge Textiler aus Aachen auf der Textilkonferenz die Perspektiven für technische Textilien bis zum Mond.

06.12.2018

Mit dem Konzept einer „textilen Denkfabrik“ will das Forschungskuratorium Textil die Entwicklung und Anwendung hoch innovativer faserbasierter Werkstoffe unterstützen und zugleich neue Anwenderperspektiven aufzeigen. Wie Geschäftsführer Dr. Uwe Mazura zu Beginn der diesjährigen ADD International Textile Conference in Aachen (30. 11. - 1. 12.) betonte, soll parallel dazu auch der Transfer von Forschungsergebnissen in die mittelständische Industrie beschleunigt werden; ein Gebot der Zeit im globalen Wettbewerb.

Beide Aspekte – Vordenken in die nächsten Jahrzehnte sowie die schnellere Industriewirksamkeit von Projektergebnissen – prägten prominent die Tagung, an der gut 600 Teilnehmer aus beiden „Lagern“ (Forschung und Industrie) im Dialog standen. Das am Rande der Konferenz vorgestellte Entwicklungsvorhaben „Mondfasern“ zielt in beide Richtungen gleichzeitig und ist schon von der Idee her ein großer Wurf mit einem kaum abzuschätzenden Potenzial. Bereits wenige Monate nach Skizzierung des Projekts durch zwei junge Faserspezialisten an der RWTH Aachen gibt es Anfangsinteresse von Raumfahrtexperten und bereits mehr als eine Handvoll Sponsoren.

Was Thilo Becker und Alexander Lüking vorschlagen, ist in Kurzform Folgendes: Soll der Mond besiedelt werden, muss zum Bau von lunaren Unterkünften samt der Versorgungstechnik verstärkt auf mondeigene Ressourcen zurückgegriffen werden – schließlich kostet jedes Kilogramm Material, das auf den Erdtrabanten nebenan geschossen werden muss, gut 10.000 Euro. Aus dem reichlich vorhandenen Mondgestein mit hohem Basaltanteil ließen sich hochfeste Fäden spinnen – mit einem eigens dafür entwickelten Equipment von der Größe eines kleinen Kühlschranks. Die Vision von zu textilen Basics umgewandelten Mondgestein ist ein in der Welt bisher einzigartiger Ansatz. Alternative Technologien mit Mondmaterial haben bislang vor allem den 3D-Druck favorisiert, dessen Ergebnisse jedoch alles andere als hochfest sind und sich damit nur bedingt für konstruktive Zwecke eigenen würden.

Doch zurück zu solchen Konferenz-Highlights wie selbstklebende Garne für flüssigkeitsdichte Nähte oder den biobasierten Substraten mit textilen Vitalkomponenten namens „RasenTex“, allesamt auf dem Weg in die Praxis. Nur zwei Projekte von vielen, die FKT-Forschungsleiter Johannes Diebel auf der Transfersession vorstellte. Sie entstanden im Teamwork mit Textilforschern u. a. aus Mönchenglabdach, Denkendorf oder wie im Fall von smarttextilen Feuchtesensoren für das Mauerwerk mit Hilfe von Anwendungsforschern vom STFI Chemnitz und sind dank der Förderung über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand des Bundeswirtschaftsministeriums schneller in die Nähe des Marktes gekommen. „Unser Seilsensor zur Bauwerksüberwachung u. a. von Denkmalschutzobjekten geht in einem halben Jahr an den Markt“, freute sich Hendrik Romstedt von der Romstedt Gehring Werner GmbH in Kirchheim. Bauwerkserhaltung sei ein ganz großes Zukunftsthema, wo es um Hunderte Milliarden jährlich gehe. In diesem Kontext erhoffe er sich auch von Seiten der Sanierung/Instandsetzung ein großes Interesse nach solchen intelligenten Tools für die Schadensvorhersage und -prävention.

Bei dem Workshop herrschte zwischen FKT, Mittelständlern und dem Keynote-Redner Dr. Thomas Kathöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF), Einigkeit: Beim Transfer als einer wichtigen Säule im deutschen Innovationssystem gibt es bundesweiten Koordinierungs- und abgestimmten Handlungsbedarf. Die AiF als Forschungsnetzwerk des Mittelstandes registriere ein großes Interesse der Unternehmerschaft an anwendungsbezogener Forschung. Die diesjährigen Textilprojekte allein am Rahmen des Programm Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) bestätigen das anhaltend große Interesse von Mittelständlern an Forschungsleistungen. Nach FKT-Informationen wurden in diesem Jahr 63 Projekte mit einem Volumen von 18,6 Mio. Euro bewilligt; im Vorjahr betrug das Fördervolumen 16,1 Mio. Euro.

Die Folgekonferenz 2019 findet Ende November in Dresden statt.