Eine Mücke versucht, ein Textilgewebe zu durchstechen. © Егор Камелев, Unsplash
Eine Mücke versucht, ein Textilgewebe zu durchstechen. © Егор Камелев, Unsplash

T-Shirt vs. Mücke: Kleidung kann schützen

Die Situation

Ende März beginnt die jährliche Stechmückensaison. Stechmücken, sogenannte Vektoren, sind, wie auch andere Parasiten, Überträger von Krankheiten. Im Südwesten Deutschlands ist die Situation offenbar seit Jahrhunderten so unerträglich, dass sogar auf polizeiliche Anordnung regelmäßig Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Mit teils sehr umweltschädlichen Insektiziden rückte man den Tieren am Boden und in der Luft zu Leibe. Heutzutage erfolgt die aufwendige Bekämpfungsaktion zwar mit einem umweltfreundlichen Produkt. Aber was wäre denn, wenn Bekleidung oder auch andere Textilien in der Lage wären, Mensch und Tier vor Vektorbefall zu schützen? Ein bereits am Markt befindliches System setzt Wirkstoffe frei, die in Melamin-basierten Mikrokapseln deponiert sind. Wenn sich diese Kapseln vom Gewebe lösen, stellen sie jedoch in Form von Mikroplastik ein Problem für die Umwelt dar. 

Das Projekt

Am DWI Leibniz-Institut für Interaktive Materialien wurde ein neues Verfahren für die Produktion von Mikrokapseln entwickelt, die Wirkstoffe gegen die Vektoren enthalten. Gegenüber herkömmlichen Kapseln aus Melamin-Harz haben die neuen Kapseln gleich mehrere Vorteile: Die Herstellung ist ressourceneffizient und umweltfreundlich, da auf Tenside verzichtet werden kann. Zudem lösen sie das Mikroplastik-Problem, weil sie nicht aus herkömmlichen Polymeren gefertigt werden, sondern aus Silizium-Dioxid bestehen. Das Herstellungsverfahren wurde so optimiert, dass Kapselgrößen bis zu 10 Mikrometer bereits im Pilotmaßstab produzierbar sind. 

Im Projekt gelang es, unterschiedliche Gewebe mit den Kapseln auszurüsten, die sich in Material und Flächengewicht beträchtlich unterschieden und verschiedene Anwendungen wie Arbeits- und Schutzbekleidung sowie technische Einsatzbereiche abdeckten. Die Prüfung der ausgerüsteten Gewebeproben zeigte, dass zum Bespiel die Griffeigenschaften und Drapierbarkeit sowie Haptik und taktile Wahrnehmung der Textilien im Wesentlichen durch die Ausrüstung mit dem Binder verändert wurden, der Beitrag der Mikrokapseln jedoch zu vernachlässigen war. Die ausgerüsteten Textilien wurden auf ihre Bioaktivität insbesondere gegenüber der Gelbfiebermücke Aedes aegypti untersucht.

Der Nutzen für den Mittelstand

Die neue Technologie zur Herstellung der Mikrokapseln ist hinsichtlich der verkapselten Substanzen sehr flexibel. Sie macht es möglich, innovative Produkte zu entwickeln, die in erster Linie den Menschen, aber auch Tiere gegenüber Vektorbefall schützen. Denkbar ist auch eine Anwendung im Heimtextilbereich zum Beispiel zum Schutz vor Motten. Ein weiteres Anwendungsgebiet können Kosmetotextilien sein, die beispielsweise hochwertige Parfüms sowie hautpflegende Wirkstoffe abgegeben. Aus der Perspektive des Herstellungsverfahrens und der weiteren Verarbeitung in typischen Textilveredelungsprozessen ist besonders hervorzuheben, dass die vorgestellte Technologie als Plattformtechnologie aufgebaut werden kann, die sich auch für weitere neue Anwendungen und Innovationen nutzen lässt.

Ansprechpartner

Dr. Barbara Dittrich
dittrich@dwi.rwth-aachen.de
+49 241 80 23440

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) 19892 N.