Mit der traditionellen Wirtschaftsdebatte sind heute in Frankfurt/Main die Tarifverhandlungen für die rund 100 000 Beschäftigten der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie gestartet – im entsprechend der pandemiebedingten Hygienevorschriften angepassten Format.
Die Arbeitgeber wiesen die Forderung der IG Metall als Schlag ins Gesicht zurück.
Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie verzeichnet durch die Corona-Pandemie Umsatzeinbrüche in einem noch nie dagewesenen Ausmaß: bis zu minus 45 Prozent bei den Bekleidungsherstellern in den Monaten des Frühjahrs-Lockdowns und knapp 25 Prozent weniger bei den Herstellern technischer Textilien.
„Wer sich die Zahlen und Fakten anschaut, muss feststellen: Wir haben keine Verteilungsspielräume, es geht um unsere Existenz“, so Markus Simon, Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite und Geschäftsführer der VERSEIDAG-INDUTEX Krefeld. „Noch dazu hat uns die Corona-Pandemie in einer Zeit getroffen, in der die weltweiten Umsätze der Branche schon seit fast drei Jahren durch die sich anbahnende Rezession rückläufig sind.“
Rund zwei Drittel der Unternehmen sind in Kurzarbeit. Die Kontaktbeschränkungen im Weihnachtsgeschäft treffen die Branche erneut mit voller Wucht. Auch das kommende Frühjahrsgeschäft fällt aus, weil der Handel noch auf der Ware des Frühjahr-Shutdowns sitzt.
Eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: In einer aktuellen Umfrage von t+m unter den westdeutschen Textil- und Bekleidungsunternehmen geht über die Hälfte davon aus, dass es mindestens zwei Jahre und länger dauern wird, die schlimmsten Folgen der Covid-19-Pandemie zu überwinden.
„Wer angesichts dieser Zahlen seine Tarifrituale pflegt, macht sich zum Sargnagel einer Branche, die für werthaltige und innovative Textilien steht“, macht Simon klar. „Während die IG Metall in anderen Branchen für 2020 eine Corona-Nullrunde akzeptiert hat, haben unsere Arbeitgeber trotz der Umsatzabstürze erst im September 2,3 Prozent mehr bezahlt: Wer vor diesem Hintergrund einfach der IG Metall-Empfehlung für die Metall- und Elektroindustrie folgt und 4 Prozent mehr fordert, blendet den Ernst der Lage völlig aus.“
Die Verhandlungen werden am 20. Januar 2021 fortgesetzt.
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