Aspergillus niger besiedelt CFK-Stücke, um die enthaltenen Carbonfasern von der umgebenden Matrix zu befreien.
Aspergillus niger besiedelt CFK-Stücke. © HIT

Pilz frisst Matrix

Die Situation

Haben Sie schon einmal ein Windrad ganz aus der Nähe gesehen? Nur ein einzelnes Rotorblatt? Es ist groß! Um diese Riesen-Energieproduzenten realisieren zu können, braucht man sehr leichtes, sehr stabiles Material. CFK – Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe – sind als High-End-Materialien mit außergewöhnlichen Eigenschaften das Mittel zum Zweck. Ihre hohe Steifigkeit macht sie besonders widerstandsfähig gegen alle möglichen Einflüsse, wie zum Beispiel Wind. Doch nicht nur für saubere Energie, auch in der Luftfahrt- oder im Automobilbau werden CFK verwendet. 

Kaum ein Vorteil ohne Herausforderung: Die Stärke der Fasern kommt erst zur Geltung, wenn diese in Epoxidharz eingebettet werden. Zu Lebzeiten ist das Team unschlagbar. Doch was, wenn die Windräder ihren Dienst beenden? Bislang ist es nicht möglich, die Carbonfasern unbeschadet wieder aus ihrer umgebenden Matrix heraus zu bekommen und ihnen damit ein zweites Leben zu schenken. Die Bauteile werden in den meisten Fällen zu Sondermüll. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien werden diese Müllberge nicht kleiner. 

Das Projekt

Die Hohenstein Institute für Textilinnovation (HIT) in Bönnigheim bei Stuttgart haben einen ganz neuen Ansatz aufgegriffen, um den wertvollen Rohstoff und seinen Partner wieder zu trennen.  Der als Schwarzschimmel bekannte Aspergillus niger ist ein Mikroorganismus, der derart komplexe Werkstoffe, wie das Epoxidharz mithilfe seines Stoffwechsels, also durch Fermentation abbauen kann. Bei 30 Grad Celsius und einem pH-Wert von 6 fühlt sich der Pilz sehr wohl, was einen positiven Effekt auf seine Verdauung hat. 

Der Nutzen

Noch ist das Verfahren nicht ausgereift. So haben die Forscher am HIT festgestellt, dass die Fermentationsprozesse auch die Carbonfaser-Rezyklate angreifen. Neue Strukturbauteile lassen sich daraus also noch nicht herstellen. Doch die Textilforschung ist auf einem guten Weg: Grundsätzlich ist der biotechnologische Abbau der Epoxidmatrix möglich. Die Aufgabe besteht nun darin, die Prozesse in Folgeprojekten so zu optimieren, dass das Recycling von CFK-Bauteilen industriell umgesetzt werden kann.

Carbonfasern zu produzieren, ist teuer und energieintensiv. Mit den noch weiter zu entwickelnden Ergebnissen dieses Projekts sind Unternehmen zukünftig nicht mehr auf neu produziertes Material angewiesen, sondern können die bereits vorhandenen Rohstoffe wiederverwerten. Sie leisten damit einen erheblichen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zum verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. 

Ansprechpartner

Evelyn Konopka
e.konopka@hohenstein.de    
+49 7143 271 516

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 19586 N.