Die Situation
Wie wichtig die Hygiene bei Arbeitsbekleidung in Lebensmittelbetrieben ist, zeigen immer wieder Meldungen über Erkrankungen durch Verzehr bakteriell belasteter Lebensmittel. Sie sind heute oft die weltweit wichtigsten Überträger von Infektionskrankheiten beim Menschen. Rund 33% der Kontaminationen mit meldepflichtigen Bakterien wurden von der WHO im Zeitraum 1993 - 1998 bis zum Lebensmittelhersteller zurückverfolgt. Von unhygienischer Berufsbekleidung geht Gefahr für eine mikrobielle Kontamination aus. Damit sind Textilien ein wesentlicher Übertragungsweg für Mikroorganismen, da viele Bakterien und Viren in der Lage sind, mehrere Tage auch auf trockener Kleidung zu überleben.
Das Projekt
Durch eine antimikrobiell wirkende Arbeitskleidung mit einem hohen Anteil an antimikrobiell wirksamen Celluloseregenatfasern kann der durch kontaminierte Arbeitskleidung verursachte Übertragungsweg unterbrochen und eine Verbesserung der Hygiene in Lebensmittelbetrieben erreicht werden.
Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung einer leasingtauglichen Arbeitskleidung aus antimikrobiellen Celluloseregenratfasern für den Einsatz im Lebensmittelbereich. Dazu wurden am TITK drei Faservarianten hergestellt: (Zinkoxid-dotierte Fasern, Zink-dotierte und Silber-dotierte Ionentauscherfasern) hergestellt. Ein sicheres Erspinnen der unterschiedlichen Faservarianten ist möglich. Die mit einem Zinkoxid-Gehalt von 20% dotierte Faser gestattete eine problemlose textile Weiterverarbeitung.
Durch Optimierung des Prozesses konnte eine Feinheit der Fasern mit Ionenaustauschern von ca. 2 dtex erreicht werden. Eine reinweiße antimikrobielle Celluloseregeneratfaser durch Dotierung der ALCERU®-Fasern mit Silber war aufgrund der Lichtempfindlichkeit von Silberverbindungen durch Zusatz von Titandioxid als UV-absorbierendes Additiv im Spinnprozess nicht herstellbar.
Durch die Verwendung von Silberjodid kann eine helle, gelblich gefärbte Faser erreicht werden. Am STFI wurde der Nachweis der Verspinnbarkeit und der Flächenbildung der antibakteriell dotierten Cellulosefasern in Mischungen erbracht. Cellulosefasertypen mit einer Feinheit von 1,7 dtex lassen sich zerstörungfrei verarbeiten. Durch die ähnlichen Faserfeinheitswerte aller Mischungskomponenten konnten homogene Mischungen für die Garnherstellung erzielt werden. Die ermittelten Höchstzugkraft-Werte aller Garnvarianten erfüllen die Anforderungen an die Weiterverarbeitbarkeit zu textilen Flächen.
Wird wie bei der zinkdotierten Ionentauschertype die geforderte Nennfeinheit von 1,7 dtex deutlich überstiegen, ist eine homogene Verteilung der drei Mischungskomponenten Polyester, Lyocell und antibakteriell dotierte Cellulosefasertype über den Garnquerschnitt nicht gegeben. Die für Arbeitskleidung in Lebensmittelbetrieben gestellten Anforderungsgarnfeinheiten wurden sowohl für die Maschenware als auch für das Gewebe erreicht. Aus den Garnprototypen wurden textile Testflächen hergestellt und Rückschlüsse auf das Verarbeitungsverhalten der Garnvarianten gezogen. Am HIT wurden die Tauglichkeit der Gewebe und Maschenware für den Einsatzbereich Arbeitskleidung für Lebensmittelbetriebe, die antimikrobielle Wirksamkeit der Ware im Neuzustand sowie nach ihrer Wiederaufbereitung und die Leasingtauglichkeit nach bis zu 100 Pflegezyklen untersucht.
Gewebe und Maschenware erfüllten die Vorgaben des Hohenstein Qualitätslabels 701ff für Arbeitskleidung mit Ausnahme der Maßänderung. Das Pillverhalten der Gewebevarianten mit Ionentauschern war unbefriedigend. Es wurde in allen Versuchsvarianten von den Tencelfasern und den modifizierten Lyocellfasern bestimmt. Der Komfort aller Gewebe und Maschenware konnte mit der Note 2 (= gut) bewertet werden. Die Gewebe und die Maschenware zeigten sowohl im Neuzustand als auch nach 50 und 100 Wäschen eine gute biologische Wirksamkeit. Eine gute biologische Aktivität ist über die gesamte Gebrauchsdauer realisierbar.
Ein signifikanter Unterschied zwischen den antimikrobiellen Substanzen Ag+ und Zn+ war nicht festzustellen. Auch nach 50 und 100 Wäschen besaßen die Gewebe und Maschenware eine ausreichende Festigkeit, eine hohe Gebrauchstauglichkeit und eine gute antimikrobielle Wirksamkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass die aus den neuentwickelten Fasern gefertigten Textilien für Arbeitskleidung geeignet sind und gleichzeitig ihre Gebrauchs- und Leasingtauglichkeit gegeben ist.
Der Nutzen für den Mittelstand
Mit diesen gezielt dotierten Celluloseregeneratfasern lässt sich antimikrobiell wirksame Arbeitskleidung mit einem hohen Anteil an Cellulosischen Fasern und einer hoher Gebrauchstauglichkeit herstellen. Die Hersteller von Arbeitskleidung, zu großem Teil klein- und mittelständische Unternehmen, können Ihr Angebot verbessern und ihre Marktposition stärken.
Ansprechpartner
Dr. Edith Claßen
e.classen@hohenstein.de
+49 7143 271-362
Fördermittelgeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 18039 BG.