Foliensensor auf Spulenkörper zur Erfassung der Druckverteilung im Spulenkörper.
ITA/RWTH Aachen

Innovative Färbespulen zur Kostensenkung in der Spulenfärberei

Die Situation

In Abhängigkeit von den Garneigenschaften kann das Spulenfärben 2 bis 10 € pro kg Garn kosten. Im Krisenjahr 2009 wurden in Deutschland ca. 90.000 t Garn hergestellt. Hinzu kommen aus dem Ausland importierte Garne von eben-falls ca. 90.000 t. Ungefähr 20 % dieser Garne werden spulengefärbt. Der Ausschuss schlecht gefärbter Spulen liegt bei 0,3 bis 2 %. Die Nachbehandlung schlecht gefärbter Spulen kann zu Mehrkosten von 50 % (Nachnuancierung) bis zu mehreren 100 % (Ausegalisieren, Umfärben, Fehlerdetektion erst im Flächengebilde) führen. Dadurch entstehen jährlich und deutschlandweit Mehrkosten in Höhe von mehreren 100.000 €. Die hohen Kosten und Risiken in der Spulenfärberei bewegen viele deutsche Spinnereien und Lohnfärbereien dazu, den Färbeprozess in Niedriglohnländer auszulagern. Dadurch werden Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet.

Das Projekt

Im Rahmen des IGF-Projekts InnoSpul wurden umfangreiche Untersuchungen zum Spulenaufbau gängiger Kreuzspulenformen durchgeführt. Bei den betrachteten Kreuzspulenformaten handelt es sich um die wilde Wicklung und Stufenpräzisionswicklung. Der Fokus der Untersuchungen lag auf dem Zusammenhang zwischen Dichteverteilung im Garnwickel und dem resultierenden Färbeverhalten.

Zur Erfassung der Dichteverteilung im Garnwickel wurden zwei Messverfahren angewendet. Foliendrucksensoren und eine Torsionsmessnadel. Es konnte gezeigt werden, dass die Erfassung des Druckes innerhalb des Garnwickels per Foliendrucksensoren die Möglichkeit eröffnet Simulationen der Druckverteilung im Garnwickel zu validieren.

Die Torsionsmessnadel eignet sich hingegen besonders für eine detaillierte qualitative Beschreibung der Dichteverteilung. Basierend auf der Analyse des Spulprozesses und der Dichteverteilung wurde eine Simulation der Druckverteilung im Garnwickel entwickelt. Die Simulation funktioniert zweigeteilt. Zuerst wird die Prozesskinematik abhängig vom gewünschten Kreuzspulenaufbau simuliert und der Spulkörper virtuell bespult. Anschließend wird ein Materialmodell für Faseranhäufungen auf das Garnpaket angewendet und innere Drücke berechnet.

Die berechneten Drücke konnten anhand der Druckmessfolienwerte validiert werden. Es wurde eine sehr gute Übereinstimmung erreicht. Ausgehend von der Analyse der Dichteverteilung in Färbespulen in Wilder Wicklung und Stufenpräziser Wicklung konnte gezeigt werden, dass eine axiale Dichtehomogenität über eine Hubvariation der Fadenverlegung erreicht werden kann. Eine radiale Dichtehomogenität lässt sich mit herkömmlichen Spulverfahren nicht erreichen. Daher wurde eine neuartige Spulprozessführung entwickelt. Dieses Verfahren schichtet Pakete unterschiedlicher Dichte aufeinander, so dass eine radiale Homogenisierung erreicht werden kann. In Färbeversuchen wurde gezeigt, dass diese Prozessführeng Potenzial für bessere Färbeergebnisse hat.

Nutzen für den Mittelstand

Das Einsparpotenzial aufgrund des Einsatzes der InnoSpul-Wicklung wird für eine Färberei mit einer Jahresproduktion von 1 Mio. kg Garn auf 7.200 € pro Jahr abgeschätzt. Wird von einem angestrebten Amortisationszeitraum von zwei Jahren ausgegangen, darf die Nachrüstung des Maschinenparks für die Beispielfärberei nicht mehr als 14.400 € kosten. In den Folgejahren ergibt sich anschließend eine äquivalente Umsatzsteigerung aufgrund reduzierter Reklamationen.

In Deutschland wurde im Jahr 2012 mit der Veredelung von Textilien ein Umsatz von ca. 933 Mio. € pro Jahr erzielt [NN13]. Wird davon ausgegangen, dass 20 % des Umsatzes auf den Bereich der Garnfärbung entfallen, so ergibt der flächendeckende Einsatz der InnoSpul-Wicklung ein Gesamteinsparpotenzial für Deutschland von rund 373.000 € pro Jahr.

In Ablauftests konnte darüber hinaus nachgewiesen werden, dass das Ablauf-verhalten weniger Fadenbrüche und konstante Fadenzugkräfte vor und nach dem Press- und Färbevorgang aufzeigt, als im Vergleich zu stufenpräzise gewickelten Spulen. Aufgrund der reduzierten Fadenbruchrate ist eine höhere Prozesssicherheit gewährleistet. Die Möglichkeit der gesteigerten Prozesssicher-heit erhöht weiter den Attraktivität im Einsatz der InnoSpul-Wicklung.

Ansprechpartner

Marko Wischnowski
marko.wischnowski@ita.rwth-aachen.de
+49 241 80 247 12

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 17514 N.