Die Situation
Cellulosische Fasern neigen Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung und Struktur dazu, nach wässrigen Reinigungsvorgängen beim Trocknen Falten zu bilden und zu knittern. Zur Verhinderung dieses Effekts werden im Rahmen von Veredlungsprozessen Knitterfrei- und Pflegeleicht-Ausrüstungen auf die Faser appliziert. Dabei werden hauptsächlich N-Methylolverbindungen verwendet, die nach der Applikation auf das Textil thermisch fixiert werden und dabei Formaldehyd abspalten.
In der technischen Abluft des Spannrahmens kommt es infolgedessen zu hoher Emission bzw. hoher Konzentration von Formaldehyd. Wegen der zu erwartenden Verschärfung der Grenzwerte für die Freisetzung von Formaldehyd besteht Bedarf für eine formaldehydfreie Textilausrüstung, insbesondere für Cellulose-haltige Textilien.
Vor allem Textilveredelungsbetriebe sind dadurch stark betroffen und auf dem weltweiten Markt in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stark beeinträchtigt. Die direkte Verknüpfung zwischen der Einstufung eines Stoffes und der Emissionsbegrenzung in der Abluft über die TA Luft Nr. 5.2.7.1 existiert innerhalb der EU nur in Deutschland, mit wettbewerblich nachteiligen Auswirkungen für deutsche Unternehmen.
Das Projekt
Im Projekt wurden Vernetzer für die Knitterfreiausrüstung von Cellulosefasern synthetisiert und erfolgreich appliziert, die keine toxischen Verbindungen wie Formaldehyd oder Methanol abspalten. Die Synthesen der Vernetzer mit reaktiven Azetidinium Gruppen (AZ) erfolgten durch eine einfache und skalierbare Reaktionsführung in Wasser. Die Knitterbildung der mit den AZ-Vernetzern im Tauchverfahren ausgerüsteten Baumwollgewebe war im Vergleich zur unbehandelten Referenz verringert.
Die Knitterfreiausrüstung zeigte eine gute Waschbeständigkeit (10 x Wäsche bei 40 °C), keine hautirritierenden Eigenschaften und die Gewebe vergilbten nicht signifikant. Die gängige Hochveredelung (Benchmark) führte zu einer Abnahme der Festigkeitseigenschaften der Baumwollgewebe von ca. 20 %, während die Ausrüstung mit Azetidinium-Vernetzern tendenziell eher eine Verbesserung der Festigkeitseigenschaften der Baumwolle bewirkte. Der Grad der Knitterfreiheit, der an BW-Gewebe mit AZ-Vernetzern erzielt wurde, entspricht noch nicht dem der industriellen Hochveredelung.
Es besteht jedoch ein großes Potential, durch weitere Prozessoptimierung oder weitere Hilfsmittel bei der Ausrüstung, die Benchmark-Werte zu erreichen oder gar zu überbieten. Baumwollgewebe wurden zum Vergleich auch mit Vernetzern erfolgreich unter wasserfreien Bedingungen ausgerüstet (in Flüssig- und Gasphase).
Die wasserfreie Behandlung in der Gasphase zeigte überwiegend positive Effekte auf die Knittereigenschaften und ist somit eine vielversprechende Methode für die Zukunft der Textilindustrie. Die Ergebnisse eröffnen interessante Perspektiven für die Anwendungsmöglichkeiten aller drei Applikationsverfahren.
Der Nutzen für den Mittelstand
Die Textilausrüstung zeichnet sich durch komplexe Herstellungsprozesse und damit verbundener hoher Produktspezialisierung aus. Textilausrüstungen sind daher eine Domäne von KMU. Um schnell und flexibel auf regulatorische Vorgaben und sich stetig ändernde Verbraucherwünsche reagieren zu können, sind diese Unternehmen auf technische Innovationen angewiesen.
Die künftigen gesetzlichen Regelungen erfordern hohe Investitionskosten für Abluftreinigungsanlagen und Prozessanlagen oder die Entwicklung grundsätzlich neuer Verfahren. Nur über letzteres kann die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Betriebe für die Produktion von Pflegeleicht- bzw. Knitterfreiausrüstungen auf dem europäischen bzw. weltweiten Markt sichergestellt werden.
Es besteht daher ein dringender Bedarf für die Entwicklung von neuartigen, formaldehydfreien Vernetzern.
Ansprechpartner
Juliana Kurniadi
kurniadi@dwi.rwth-aachen.de
+49 241 8023 319
Fördergeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 18882N.