Die Situation
Die Entwicklung funktioneller bzw. intelligenter Textilien - sogenannter „Smart Textiles“- stellt große Herausforderungen an das fachübergreifende Zusammenspiel von Methoden und Technologien aus unterschiedlichen Bereichen der Textiltechnik, Elektronik, Sensorik und Informationstechnik.
Von elementarer Bedeutung ist hierbei die Entwicklung von Integrationstechniken, mit denen elektrisch leitfähige Strukturen in Textilien eingearbeitet werden können. Als Schnittstelle zur Energie- und Informationsübertragung stellen sie die Grundlage für die Verknüpfung mit elektronischen Komponenten dar, auf denen die Smart Textiles aufbauen.
Das Projekt
Im Forschungsprojekt wurden am TFI-Institut für Bodensysteme an der RWTH University Aachen zwei Konzepte erstellt, mit denen zusätzliche (zum Beispiel elektrisch leitende) Fäden in orthogonaler Richtung in eine Tuftingware integriert werden können. Die im Labormaßstab produzierte Musterware zeigt auf, welche Funktionen Schuss- und Stehfäden in der Tuftingtechnik haben können, und weist zugleich auf neue Produkt- und Designmöglichkeiten bei Teppichen und Auslegeware sowohl für gehobene als auch individuelle Ansprüche hin.
Die Forschungen zeigten: Stehfäden, die mit einer versetzenden Nadelbarre übertuftet werden, werden bei der anschließenden Beschichtung mit Latex zu einem Verbund mit der getufteten Ware. Diese zusätzlichen Fäden können je nach Stärke der Latex-Benetzung Zugkräfte aufnehmen, die auf den Verbund bzw. die Ware einwirken. So wird - ohne dass ein Rücken aufs Textil aufkaschiert werden muss - eine verbesserte Dimensionsstabilität in Längsrichtung erzielt. Werden mit der Technik der Stehfäden elektrisch leitende Fäden eingearbeitet, kann eine Leitfähigkeit in der Fläche auch ohne antistatische Zusätze im Latex erzielt werden. Musterwaren, bei denen die Polreihen der antistatischen Fäden den mit elektrisch leitfähigen Garnen verbunden waren, zeigten bei Begehtests deutlich geringere Aufladungen als eine Referenzware, die nicht antistatisch ausgerüstet war.
Werden die Techniken der Schuss- und Stehfäden bei elektrisch leitfähigen Garnen kombiniert, so ergeben sich Leiterbahnen im getufteten Textil. Bereits das Abbinden mit den Polgarnen reicht aus, um an den Kreuzungspunkten eine elektrische Kontaktierung zu erreichen. Bei Verwendung von Carbonfasergarnen lassen sich mit der Stehfaden-Technik Heizleistungen erzielen, die vergleichbar einer klassischen Fußbodenheizung (in Nasstechnik) sind. Allein mit einem System für Stehfäden ist es möglich, elektrolumineszente (EL-)Kabel beim Tuftingprozess zu integrieren. Hierdurch entsteht eine Beleuchtungsfunktion im textilen Bodenbelag.
Die Einarbeitung der EL-Kabel in Längsrichtung hat den Vorteil, dass für mehrere Meter an produzierter Ware nur eine Kontaktstelle für die elektrische Verbindung notwendig ist. Bei einer Integration in Querrichtung jedoch benötigt jeder eingetragene Schussfaden (EL-Kabel) eine Kontaktstelle. Je nach Dichte der Schussfäden steigt dabei die Anzahl der benötigten Kontaktierungspunkte.
Nutzen für den Mittelstand
Die deutsche Textilbranche arbeitet intensiv daran, sich durch innovative Verfahren und Produkte von der Konkurrenz aus Niedriglohnländern abzuheben. Die Umsetzung der Projektergebnisse trägt damit zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen bei, die Tuftingmaschinen betreiben oder nachrüsten.
Den größten Nutzen aus den Projektergebnissen erlangen die innovativen, mittelständischen Betreiber von Tuftingmaschinen, die durch ihre Flexibilität schnell technologische Entwicklungen der Herstellungstechnik in neue Produkte umsetzen können.
Ansprechpartner
Dirk Hanuschik
d.hanuschik@tfi-online.de
+49 241 9679 145
Fördergeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 16885 N.