Die Situation
Faserverbundwerkstoffe werden heute im Automobil- und Flugzeugbau oder auch in der Windkraftbranche vielfältig eingesetzt. Die Faserverbünde bestehen in der Regel aus einer Polymermatrix wie zum Beispiel einem Harz, in das die Fasern eingebettet werden. Durch mechanische Belastung oder ungünstige klimatische Bedingungen aber können in der Polymermatrix Mikrorisse entstehen. Weiten sie sich aus, kann das Material plötzlich versagen. Häufig tritt solch ein Versagen spontan auf, ohne das man den Schaden vorher von außen erkennen konnte. Daher werden die Bauteile meist sehr konservativ ausgelegt und überdimensioniert.
Das Projekt
Seit längerer Zeit ist bekannt, dass solche Mikrorisse wie eine Wunde von allein heilen können, wenn man in die Polymermatrix Depots mit flüssigen Monomeren einbaut. Diese Depots werden durch die Mikrorisse geöffnet, sodass die Monomere in die Risse fließen und diese ausheilen. Am Institut für Textilchemie und Chemiefasern des DITF wurden jetzt in einem Forschungsprojekt Glashohlfasern (GHF) als Speicherdepots eingesetzt.
Zum Einsatz kam dabei eine bestimmte Kombination flüssiger Monomere (Diole und Diisocyanate), die an einem Zinkkatalysator aushärten, wenn sie freigesetzt werden. Das Diol und das Diisocyanat sind in voneinander getrennten Glashohlfasern gelagert. Die Forscher mussten unter anderem darauf achten, dass das Diisocyant und das Diol eine ausreichende Stabilität beziehungsweise eine geeignete Viskosität aufweisen.Im Gegensatz zum Stand der Technik wird der Katalysator nicht homogen in der Matrix verteilt, sondern der Diol-Komponente in geringen Mengen zugemischt. Brechen die Depots, und vermischen sich das Diol und das Diisocyant, kommt es am Zinkkatalysator zur Reaktion.
Ein zentrales Element des Projektes war auch die Entwicklung einer speziellen Befüllungstechnik für die GHF-Gewebe. Zudem wird ein Laser zum Abschmelzen der Kapillaren eingesetzt. Erst dadurch wird die Herstellung von mit Reaktivsubstanzen gefüllten GHF-Gebilden möglich. Diese wurden zusammen mit Normalglasgeweben zu mehrlagigen Verbunden verarbeitet und in die Epoxidmatrizes eingegossen.
Um im Experiment Mikrorisse zu verursachen, wurde das Verbundmaterial dann durch Schlag- oder Biegebeanspruchung mechanisch überlastet. Wurden die Hohlfasern dabei geschädigt, wurden die in getrennten Fasern gelagerten Monomere durch Kapillarkräfte in den Riss transportiert, wo sie miteinander reagierten, sich verfestigten und so verhinderten, dass sich der Riss bei erneuter mechanischer Belastung weiter ausbreitete.
Der Nutzen für den Mittelstand
Im Rahmen des Projektes ist es gelungen, kostengünstige Monomerkomponenten verfahrenstechnisch in Faserverbundkonstruktionen einzubringen. Die entwickelte Chemie und Technologie der Selbstheilung von GFK trägt dazu bei, dass entsprechende Bauteile mit geringerem Materialeinsatz gefertigt werden können, wodurch das Gewicht reduziert und Energie eingespart wird. Dadurch verringern sich auch die Kosten. Die Verbesserungen sind möglich, ohne dass die Eigenschaften und die Zuverlässigkeit des Gesamtverbundteils beeinträchtigt werden. Letztlich erhöht sich bei diesen Bauteilen aus GFK die Standzeit. Für KMUs, die im Bereich der Faserverbundwerkstoffe tätig sind, ergibt sich dadurch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern.
Ansprechpartner
Frank Gähr
frank.gaehr@ditf.de
+49 711 9340 132
Fördermittelgeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 19165 N